| Brennpunkt: Influencer
Die Hamburger Schmuckmarke Stilnest ist dank Influencern „groß geworden“ und kommt inzwischen auf Umsätze im mittleren einstelligen Millionenbereich. Im Interview spricht Mitgründer Tim Bibow über die Chancen der Zusammenarbeit – aber auch über die Herausforderungen.
Herr Bibow, kann man sagen, dass Sie als Marke ohne Influencer heute nicht da wären, wo Sie stehen?
Tim Bibow: Auf jeden Fall. Als uns 2015 Nilam Farooq kontaktierte, damals eine erfolgreiche Youtuberin, heute eine tolle Schauspielerin, wurde uns das Potenzial klar. Farooq wollte ihre eigene Schmuckkollektion launchen und hatte zuvor von vielen „klassischen Marken“ Absagen erhalten. Wir haben ihre Kollektion umgesetzt, sie hat sie auf ihren Kanälen der Community vorgestellt. Noch erfolgreicher war die Zusammenarbeit mit der britischen Youtuberin Anna Saccone. Als sie ihre Produkte auf den sozialen Netzwerken präsentierte, brachen unsere Server zusammen. Das verdeutlicht die Power, die in der Zusammenarbeit mit Influencern steckt. Ein Post kann schnell Traffic-Dimensionen eines Fernsehwerbespots annehmen. Zwischen 2016 und 2019 haben wir dann weit über 150 Produkt-Kollaborationen mit Persönlichkeiten aus Europa und den USA realisiert. Darunter beispielsweise mit Stefanie Giesinger, Siegerin bei „Germany’s Next Topmodel“, oder Farina Opoku, auch bekannt als Novalanalove.
Wie muss man sich diese Kollaborationen vorstellen?
Die Personen schicken uns ihre Skizzen und Moodboards, die unser Designteam in 3-D-Designs umsetzt. Die ersten Entwürfe und Wachse werden im 3-D-Druck realisiert. Von der Idee bis zum ersten Sample läuft alles digital. Ab der Herstellung der Form übernimmt dann der klassische Goldschmied. Wir arbeiten derzeit mit zwei Goldschmieden in Süd- und Norddeutschland für die Fertigung zusammen. Hinzu kommen die Manufakturen für Guss, Galvanik, Gravur, Emaille, Ketten.
Ein Erfolgskonzept, welches Sie weiterverfolgen?
Jein. 2019 haben wir uns entschieden, Stilnest als eigene Direct-to-Consumer-Marke aufzubauen. Unser Ziel war es, unabhängiger von wenigen Einzelpersonen zu werden. Heute setzen wir pro Jahr weiterhin etwa 500 Creator-Kooperationen um, Absender ist aber Stilnest.
Wo sehen Sie die Chancen der Zusammenarbeit mit Social-Media-Bekanntheiten?
Influencerinnen und Influencer haben oft eine treue Fangemeinde, die ihren Empfehlungen vertraut. Richtig orchestriert, ermöglicht die Zusammenarbeit mit Influencern so die Kombination von zwei Marketingstrategien in einem Kanal: Markenaufbau und Abverkauf.
Klingt logisch und ist doch eine gute Entscheidung, oder?
Noch mal jein. Anfangs war es gar nicht so leicht, eine nachhaltige Schmuckmarke wie Stilnest zwischen den typischen Influencer-Brands mit häufig günstigeren Produkten und hohen Discounts zu etablieren. Die Followerinnen und Follower sind es gewohnt, Rabatte von mindestens 30 bis 40 Prozent zu erhalten. Wir mussten schnell lernen, wie preissensibel das Umfeld ist und dass es ohne Rabattcodes schwierig wird, den Kanal erfolgreich zu nutzen. Trotzdem wollten und konnten wir uns nicht auf diese Rabattschlacht einlassen und haben an unseren Werten festgehalten.
Wie haben Sie das gemacht?
Wir entwickelten Kampagnenformate, die zur Marke passen und gleichzeitig unseren Kundinnen und Kunden Rabatte ermöglichen. Ein großer Erfolg waren unsere Sloweeks und der Slowember. Dabei gruppieren wir Bestellungen über den Sale-Zeitraum hinweg, senken dadurch die Fertigungskosten und geben die Ersparnis als Rabatt weiter. So bleiben wir unserer Marke treu und bieten dennoch attraktive Angebote.
Worauf muss man beim Influencer-Marketing achten?
Influencer-Marketing lebt von echten Geschichten und von Menschen, die inspirieren. Ein Beispiel dafür ist unsere Partnerin Marie Johnson, die zur Geburt ihres ersten Kindes unsere „Instants of Strength“-Kette trug, weil sie an die Kraft des Onyx-Steins glaubt. Nachdem sie ihre Geschichte in einem Youtube-Video teilte, schossen die Verkaufszahlen unserer gesamten „Instants of“-Kollektion in die Höhe.
Foto: Mirjam Hagen
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