| Wirtschaft
Erst die Wahl von Donald Trump zum 47. US-Präsidenten dann das Ampel-Aus. Das alles am selben Tag. Das Zusammentreffen zweier Krisenmomente trifft die deutsche Wirtschaft zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Ein Super-Gau, der aber auch Hoffnung auf Veränderung in sich birgt, meint Axel Henselder, Mitglied der GZ-Chefredaktion.
Deutschland steckt das zweite Jahr in der Rezession. Die Verbraucherstimmung ist mies, die Aussichten für den Einzelhandel - auch für unsere Branche - waren eh schon gedämpft. Nun kehrt Donald Trump ins Weiße Haus zurück. Mit fatalen Folgen für den Welthandel. Im Wahlkampf versprach er, Schutzzölle insbesondere gegen Importe aus China und der EU zu erheben. Trump wird das auch gegen alle Bedenken tun, damit rechnen alle. Den DAX schickte der Wahlausgang sogleich auf Talfahrt. Zuviel hängt für die deutsche Wirtschaft vom Handelspartner USA ab. Rund zehn Prozent der deutschen Ausfuhren gehen über den großen Teich. Damit sind die Vereinigten Staaten der größte Abnehmer von Made in Germany. Internationale Handelsregeln wie die der WTO sind dem Wiedergänger-Präsidenten einerlei. Deutsche Exporteure, darunter auch Schmuck- und Uhrenhersteller, müssten, wenn es so kommt, auf ihrem wichtigsten Absatzmarkt mit empfindlichen Einbußen rechnen. Basiszölle von 20 Prozent auf Importe aus der EU und 60 Prozent auf Importe aus China stehen im Gespräch. Diese Maßnahmen würden allein in Deutschland einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden von 33 Milliarden Euro bedeuten, rechnete das Münchner Ifo-Institut vor. Die deutschen Exporte in die USA könnten um etwa 15 Prozent zurückgehen. Zusätzlich dürften die Ausfuhren nach China um zehn Prozent sinken, weil die Exporte der Volksrepublik in die USA massiv schrumpfen dürften.
Luxusgüter könnten kurzfristig profitieren
Die USA sind auch der fünftgrößte Abnehmer von Schmuckprodukten. Welcher Schaden auf die deutsche Schmuck- und Uhrenindustrie zukommt, lässt sich noch nicht beziffern, zumal man nicht weiß, ob diese Produktkategorien von den Strafzöllen betroffen sein werden. Einige exportorientierte Schmuckhersteller rechnen zunächst einmal nach dem Ende des sehr aufgeheizten Ringens ums Weiße Haus mit einem Aufatmen bei breiten Teilen der Bevölkerung und einer höheren Nachfrage. Zumal die Börsen in den USA in Erwartung der angekündigten Steuersenkungen und weiterer Deregulierungen den Wahlsieg Trumps mit einem Kursfeuerwerk goutierten. Und aus Kursgewinnen werden bekanntlich auch Luxusgüter gekauft. Mittel- bis langfristig ist aber mit einem weiteren Inflationsschub aufgrund der höheren Preise für Importgüter zu rechnen, der die Konsumlust dämpfen dürfte.
Goldpreis wankt, aber die Perspektiven bleiben gut
Auch der Goldpreis dürfte seinen Höhenflug fortsetzen, da es unter Trump zum einen keine Einschränkung bei der Neuverschuldung geben wird und andererseits er bereits angekündigt hat, Einfluss auf die Notenbankpolitik nehmen zu wollen. Daher wird hier mit eher weiter sinkenden Zinsen gerechnet, was den sicheren Hafen weiter beflügeln dürfte. Zwar kam es als Reaktion auf die Wahl zu einer Umschichtung in Richtung Aktien und Anleihen. Gold- und Silberpreis wankten und mussten mächtig Federn lassen. Aber Analysten bleiben bei ihren positiven Einschätzungen.
Das Ampel-Aus kam zur Unzeit
In Deutschland schaut die Lage zunächst einmal dramatisch aus. Als Trump zum ersten Mal 2016 antrat, befand sich Deutschland noch im Wirtschaftswunder 2.0. Nun ist es der kranke Mann Europas. Exportindustrien wie der Automobilbau schwächeln. Das China-Geschäft befindet sich im Sinkflug. Das hässliche Ende der Ampel war erwartbar, wurde von den meisten Bürgern sogar schon lange herbeigesehnt. Das absurde Theater war kaum auszuhalten und verstärkte die Talfahrt der Wirtschaft, die vor allem eins braucht: verlässliche Rahmenbedingungen. Doch das Fanal kam zur Unzeit, zu spät und ausgerechnet zeitgleich mit der Wiederwahl Trumps. Niemand weint dem Trio-Infernale eine Träne nach. Doch, wer soll in diesem politischen Chaos Trump die Zähne zeigen und Gegenmaßnahmen gegen die angekündigten Handelsbeschränkungen ergreifen? Europa ist zu schwach und uneins. Daher kommt es darauf an, das Vakuum in der Bundesregierung schnell wieder zu füllen. Mit der Vertrauensfrage und den Neuwahlen sollte nicht bis ins nächste Jahr hinein gewartet werden. Die Quälerei und Ungewissheit muss rasch ein Ende haben.
Nur, wenn es gelingt, eine durchsetzungsfähige, wirtschaftsfreundliche neue Regierung zu bilden, ist eine Trendwende möglich. Das muss uns gelingen, damit Deutschland endlich wieder eine Führung bekommt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist.