| Wirtschaft
Seit Ende März befindet sich die gesamte westliche Welt im Griff des Corona-Virus. Lediglich China kehrt peu á peu zur Normalität zurück. Wie sieht die Schmuckwelt nach der Pandemie aus?
Am 19. März gab die chinesische Regierung bekannt, dass die Zahl der neuen inländischen Covid-19-Fälle auf null gesunken sei. Seitdem werden die Zügel immer mehr gelockert, das Wirtschaftsleben läuft allmählich wieder an - auch wenn die Sorge vor einer zweiten Infektionswelle nach wie vor besteht. Laut Kent Wong, Geschäftsführer von Chow Tai Fook, Chinas größtem Juwelier, sind derzeit fast 90 Prozent der Geschäfte nach dem fast zweimonatigen Shutdown wieder geöffnet. Die Verkäufe sollen aber nach wie vor rückläufig im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sein. Auch die Frequenz in den Einkaufszentren ist noch nicht auf Vorkrisenniveau zurück. Doch laut Wong zeige sich eine Rückkehr des Interesses an Schmuck, wenn auch eher im niedrigpreisigen Bereich. „Ich denke, in drei oder vier Monaten werden wir wieder im Normalbereich liegen. Die vorliegenden Daten sind besser als erwartet“, sagt Wong. Noch seien die Menschen vor allem froh, wieder das Haus verlassen zu dürfen. Restaurants und Touristenziele seien daher überlaufen. In den Einkaufszentren trifft man sich wieder, genießt einen Tee und schaut sich um. Gekauft werde noch wenig. Technologien, die die Menschen während der Krise genutzt haben, sind zum Standard geworden. Videokonferenzen sind die „neue Normalität“, sagt Wong. Während in China bereits vor Corona Einkaufs-Apps weit verbreitet waren, werden sie nun selbst von hartnäckigen Verweigerern und selbst älteren Verbrauchern gerne angenommen. Selbst Senioren nutzen nun ganz selbstverständlich das Smartphone, sie haben schließlich während des Lockdowns erfahren, wie bequem das ist und das man damit mit den Kindern und Enkeln in Kontakt bleibt. Chow Tai Fook glaubt, dass das Geschäft langfristig zurückkehrt und hat daher auf Entlassungen verzichtet. Allerding hat sich die Kommunikation geändert, über Webchats diskutiert das Management die Zukunft und über interne Informationsnetzwerke werden die Mitarbeiter ständig auf den neuesten Stand gebracht. Mittels neuer Apps sollen künftig Kunden direkt angesprochen werden. Zudem wird stark in digitales Marketing und Events investiert. Im Februar und März veranstaltete der chinesische Filialist mehr als 20 Livestream-Events mit Influencern und Prominenten. Insgesamt zogen diese mehr als 20 Millionen Besucher an. Auch eine Kollektion mit Bezug auf Corona, deren Erlös für wohltätige Zwecke gespendet wurde, kam gut an. Viele Dinge wurden während der Zwangspause in Angriff genommen, die eigentlich schon lange auf der Agenda standen. Dies ist die Chance, sich wirklich neu zu erfinden. In China wurde sie bereits ergriffen und in zwei Monaten zahlreiche Geschäfte grundlegend modernisiert. Viele Juweliere haben aufgrund des Lockdowns endlich begriffen, dass sie ihre Ware viel stärker online präsentieren müssen, wenn die Leute nicht mehr zum Shoppen in die Stadt gehen. Diejenigen Geschäfte, die dies jetzt tun, können rascher wieder Fahrt aufnehmen. Wichtige Erkenntnis aus Fernost: Juweliere sollten ihr Sortiment überprüfen, um sicherzustellen, dass sie nach der Krise die richtige Ware präsentieren. Die beste Gelegenheit, sich von den alten Pennern zu trennen. Ein Vorteil hat das Luxussegment Schmuck gegenüber seinem größten Konkurrenten, dem Reisemarkt: Es kann schneller wieder zur Normalität zurückkehren. Denn die Fernreise wird wohl in diesem Jahr für die meisten ein Traum bleiben.