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Die Macht der Marke

Neue Studie Teil 2

Wie gehen Top-Juweliere mit dem Streben der Industrie nach dem direkten Kontakt zu den Konsumenten um? Mit welchen Labels gestalten sie ihre Zukunft? Welche Zielgruppen sprechen sie an? Die Befragung von Keylens und Code Luxe gibt die Antworten.

Viele Juweliere sind verunsichert: Erst haben sie Marken eine Präsenz in der Fläche geboten und sie so bekannt gemacht. Nun versuchen immer mehr Labels, insbesondere solche in Konzernhänden, direkt ihre Käufer zu erreichen. Direct-to-Consumer, kurz D2C lautet die Strategie, die den Juwelier als Kompetenzpartner übergeht. Luxushersteller versuchen, sich über eigene Onlineshops und Markenboutiquen unabhängiger vom Handel zu machen, mehr Marge zu kassieren, an Kundendaten zu gelangen und Cross-Selling- sowie Upselling-Potenziale zu heben. Corona hat diese Entwicklung, die bereits seit einigen Jahren den Einzelhandel umtreibt, beschleunigt. Denn mit den Lockdowns mussten die Geschäfte schließen, der direkte Zugang zu den Verbrauchern war von einem auf den anderen Tag dicht.  

THESE
Direct-to-Consumer wird überbewertet
Ein guter Hersteller ist also noch lange kein guter Händler

Das D2C-Phänomen wird überbewertet
Doch die Erfahrung zeigt auch: Am Handel führt kein Weg vorbei. Denn gerade die Digitalstrategien bergen auch erhebliche Risiken, wie die mögliche Gefährdung der Exklusivität der Marke und den Kontrollverlust über die Kommunikation. Denn soziale Medien sind keine Einbahnstraße, das Feedback des Marktes ist ungefiltert und jedermann zugänglich. Die moderierende Wirkung des kompetenten Juweliers fehlt. Die Rolle von Hersteller und Händler gleichermaßen auszufüllen ist kein Kinderspiel. Er muss zusätzliche Kompetenzen aufbauen. Das beinhaltet die Beherrschung der gesamten Klaviatur – vom PoS, Visual Merchandising, Sortimentsmanagement bis hin zur Personalführung. „Ein guter Hersteller ist also noch lange kein guter Händler!“, sagt Dr. Jörg Meurer von Keylens. Zudem muss er kräftig investieren in Shops – online wie auch stationär – und in den Aufbau eines Kundenstamms. Das D2C-Phänomen ist zwar für den Uhren- und den Schmuckhandel eine Herausforderung, aber man sollte es nicht überbewerten, so das Fazit der Studie.

THESE
Große Uhrenmarken bleiben die Helden
Tudor ist der Rising Star unter den Luxusuhrenmarken,
Breitling hat ebenfalls eine spannende Zukunft.

Die großen Uhrenmarken bleiben die Umsatzbringer
Wer nun glaubt, der Juwelier würde sich auf die zahlreichen Newcomer-Marken stürzen, um dem Dilemma der einsei-tigen Abhängigkeit von den großen Namen und ihren Direktvermarktungsstrategien zu entgehen, der täuscht sich. Bei Uhren kommt an erster Stelle Rolex mit 29 Prozent Marktanteil und dann lange nichts. Eine starke Verfolgergruppe bilden Omega, Cartier, Longines, Patek Philippe, Audemars Piguet mit jeweils zwischen vier und acht Prozent – was sich auf 30 Prozent Gesamtmarktanteil summiert. Und dann gibt es die Nischenmarken wie Breitling, IWC oder Tag Heuer mit je unter drei Prozent Anteil am Uhrenabsatz. Sie stehen aber für 41 Prozent des Gesamtvolumens. Es zeigt sich, das sich familiengeführte Unternehmen erfolgreich gegen Konzerne wie Richemont und die Swatch Group behaupten. Der Bieler Konzern beherrscht immerhin ein Fünftel bis ein Sechstel des Gesamtmarkts.

 

 

STARKE MARKEN

Das Wachstum bei den Luxusuhren- und auch bei den Luxusschmuckmarken strebt die nächsten Jahre generell nach oben.

Luxusuhren und Luxusschmuck

 

Marktanteile der Luxusuhrenmarken

Die Top-Marken bleiben auch in Zukunft relevant
Doch werden die Luxusuhrenmarken auch in den nächsten Jahren die Umsatzbringer bleiben? Welche Wachstumspotenziale haben sie und wie wird ihre Loyalität zum Fachhandel eingeschätzt? Die Antworten der befragten Top-Juweliere zu 23 Uhrenmarken sind eindeutig: Rolex, Omega und Patek Philippe sind und bleiben die Asse in den Auslagen in den nächsten drei Jahren. Für sie prognostizieren die Geschäftsinhaber ein starkes Wachstum von über fünf Prozent jährlich. Es folgen Cartier, Breitling und IWC. Und da ist noch Tudor, der kleine Bruder von Rolex. Der schwingt sich laut der Befragung zum neuen Stern am Markenhimmel auf. Denn 58 Prozent der befragten Spitzenjuweliere halten ein starkes Wachstum von über fünf Prozent für wahrscheinlich und 37 Prozent sehen hier ein leichtes Wachstum von bis zu fünf Prozent. Die Zukunft für Tudor steht somit zu 95 Prozent auf Wachstum. Auch Breitling hat laut den Ergebnissen eine glänzende Zukunft vor sich: 43 Prozent halten ein leichtes Wachstum von bis zu fünf Prozent, 29 Prozent sogar ein starkes Wachstum über diesem Wert für realistisch. Für 72 Prozent der Top-Händler sind die Vorzeichen für Breitling positiv. Federn lassen muss wohl unter anderem die Uhrenmarke Montblanc: 60 Prozent sehen einen leichten Rückgang um bis zu fünf Prozent im Jahr voraus.

Die Aussichten für Luxusuhren insgesamt sind gut: In den nächsten drei Jahren erwarten die befragten Geschäftsinhaber ein durchschnittlich leichtes Gesamtwachstum von bis zu fünf Prozent. Dabei gibt es einen Haken: Zwölf der 23 Marken performen unter diesem Schnitt. Allerdings sind die befragten Top-Luxusjuweliere unsicher, ob die Hersteller ihnen auch in Zukunft die Treue halten werden. Denn bei vielen bekannten Namen, insbesondere Konzernmarken, befürchten sie eine Tendenz zu direkten Vertriebslösungen. Audemars Piguet scheint diesen D2C-Weg beispielsweise konsequent zu verfolgen. Aber auch bei Cartier befürchten mehr als die Hälfte der Fachhändler Eigenvertriebsambitionen. Dafür konstatieren sie bei Tudor, Rolex und Patek Philippe eine klare Tendenz zur ausgeprägten Fachhandelstreue.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Worin sehen Sie Verbresserungspotenzial zwischen Juwelier und Marke?

„Verbesserungsbedarf gibt es beispielsweise im datengetriebenen Verkauf, der digitalen Vermarktung, dem Aufbau eines Kundendatenmanagements, der Transformation vom PoS zum PoE und Hersteller-Initiativen, welche dem Juwelier dabei helfen
können.“ Dr. Julia Riedmeier, Code Luxe

 

Ein Heer von schmucken Davids gegen wenige Goliaths
Der Schmuckmarkt ist generell weniger markengetrieben und fragmentierter. Beispielsweise sind Cartier und Tiffany & Co. zwei große globale Player. Dem gegenüber stehen viele kleine Hersteller, zumeist inhaber-geführte Manufakturen. Doch wie steht es bei den 24 Luxus-Schmuckmarken, die hier abgefragt wurden, mit den Wachstumspotenzialen und den Eigenvertriebsambitionen in den nächsten drei Jahren aus? Die Auswertung der Befragung durch Keylens und Code Luxe zeigt ein polarisiertes und vielschichtigeres Bild als beim Uhrenmarkt. In der Tendenz rechnen die Juweliere eher mit einem leichten Wachstum von fünf Prozent pro Jahr. Insbesondere für die juwelierstreuen Marken sind die Aussichten gut. Wellendorff und Van Cleef & Arpels sind die Hoffnungsträger mit den höchsten Wachstumserwartungen. Es folgen Boucheron, Cartier, Tiffany & Co. Heraus ragt neben Wellendorff auch Fope. Der italienischen Marke trauen mehr als die Hälfte der Spitzenjuweliere ein Wachstum von bis zu fünf Prozent zu. Beide familiengeführten Unternehmen können also gegen die Konzernmarken gut bestehen.

Juwelierstreu sind vor allem die Inhabermarken
Die Diagnose ist eindeutig: Inhabergeführte Manufakturen stehen im Schmucksegment zu ihren unabhängigen Juwelieren als Partner auf Augenhöhe. Eine ausgeprägte Juwelierstreue wird beispielsweise besonders Jörg Heinz (78 Prozent) oder Schmuckwerk (67 Prozent) nachgesagt. Konzernmarken verfolgen in der Tendenz eher eine Direct-to-Consumer-Strategie, was besonders auf Van Cleef & Arpels, Cartier oder Tiffany & Co. zutrifft. Aktienbesitzer fordern Quartal für Quartal Wachstum, da führt oft kein Weg an ergänzenden direkten Vertriebswegen vorbei.

Fazit: Inhabergeführte Marken sind und bleiben gute Kooperationspartner für den Juwelier der Zukunft. Daher lohnt es sich, den Kontakt mit diesen zu pflegen und sich über Wachstumsmöglichkeiten zu unterhalten. Das bedeutet aber keine Absage an Konzernmarken. Auch hier ist der Dialog über Zukunftsstrategien wichtig. Die Mischung macht´s: Das komplette Markenportfolio muss zum Kundenstamm und Einzugsbereich passen.

THESE
Fair und auf Augenhöhe ist bei Schmuckmarken Trumpf
Inhabergeführte Marken bleiben gute Kooperationspartner
für den Juwelier der Zukunft.

Konsumenten werden diverser und jünger
Doch wer kauft die Marken morgen? So viel ist sicher: Die Käufer von morgen sind nicht die Käufer von heute. Laut Studien von Bain & Altagamma machen die Millennials (heute 29 bis 40 Jahre alt), die Generation Y sowie die Generation Z (heute 13 bis 28 Jahre alt) bis 2025 70 Prozent des globalen Luxuskonsums aus. In Deutschland ist oft noch Luxus noch ein Thema „alter weißer Männer“ und ihrer Frauen. Nun steht mit dem Generationenwechsel eine Zeitenwende an.

Die Millennials lieben es, zu konsumieren. Sie sind Hedonisten, die sich mit Mode und Accessoires einen individuellen Ausdruck verleihen. Sie haben eine starke Erwartung an Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Seit Jahren sind sie die Zielgruppe von Luxusmarken, die nun auch durch die etwas jüngere, aufstrebende Generation Z erweitert wird. Denn die Millennials sind nicht mehr so jung wie man denkt – die ältesten werden demnächst schon 40 Jahre alt.

Allerdings sollte man die „Alten“ nicht gänzlich abschreiben, schließlich gibt es hier die sogenannten kaufstarken SAYAHs (Silver Ager Young At Heart) mit ihrer jungen Lebenseinstellung. Diese Zielgruppe gewinnt durch die deutliche Verlängerung der Lebenserwartung bei oft früherer Pensionierung eine zusätzliche Lebensphase, erfindet sich dabei gerne neu und legt viel Wert auf ihren Körper und Äußeres. Uhren und Schmuck sind dabei ein idealer Begleiter, um Status zu signalisieren, ein modisches Statement zu setzen oder bewusst durch Eigenkreationen die Individualität zum Ausdruck zu bringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel?

„Es gibt Hersteller, welche den Markt partnerschaftlich mit Juwelieren bearbeiten, und andere, welche klar den Weg zu den Endkunden gehen. Einige haben erkannt, wie wichtig das Empowerment des Handels ist, um damit gemeinsam den Markt zu bearbeiten. Andere hingegen nicht.“ Dr. Jörg Meurer, Keylens

 

Potenzial jüngerer Käufer wird unterschätzt
Keylens und Code Luxe haben die Luxusjuweliere zu ihrer Einschätzung der Zielgruppen in den nächsten fünf Jahren gefragt. Babyboomer und die Generation X sind und bleiben mit knapp zwei Drittel des Marktvolumens (heute: 67 in, fünf Jahren 62 Prozent) die Top-Adressaten der deutschen Spitzenjuweliere. Die SAYAHs stehen also heute besonders in ihrem Fokus und die jüngere Generation Y und Z (in Summe 23 Prozent) reicht noch nicht an die Bestandsgenerationen heran. Die Befragten glauben, dass nur knapp ein Drittel des Marktvolumens in fünf Jahren auf sie entfallen würde. Die Studienautoren schließen daraus, dass viele Luxusjuweliere die Bedeutung der heranwachsenden Konsumentengenerationen unterschätzen

THESE
Die junge Generation sucht Erlebnisse
Modernität, Wohlfühlort, nicht pompös, digital, serviceorientiert, junges geschultes Personal – das sind die Eigenschaften des Juweliers der Zukunft.

Juweliere wirken auf junge Menschen distanziert und altbacken
Eine Befragung unter jungen Luxuskonsumenten zeigt, wie diese Juweliere wahrnehmen. Sie wurden assoziiert mit „extravagant“, „Gold“, „Champagner“ – also stark in der traditionellen Luxus-Welt verortet. Positive Assoziationen wie „(hohe Service-)Qualität“, „exklusive Beratung“, „Tradition“ treffen auf negative wie ein „unbehagliches Gefühl“, „spießig“, „ältere Herren“, „Musterung“. Egal ob diese Assoziationen stimmen oder nicht: Entscheidend ist, dass der Luxusjuwelier in den Augen junger Menschen als Einkaufsort nicht wirklich attraktiv erscheint. Es gilt, diese wahrgenommene Distanz zu mindern und dem eingestaubten Image entgegenzuwirken. Denn der Blick zum Juwelier der Zukunft zeigt ein Bild, welches durch „Modernität“, „Wohlfühlort“, „nicht pompös“, „digitale Bildschirme, Services“, „junges geschultes Personal“ gekennzeichnet ist.

67 Prozent Marktvolumen

Babyboomer und die Generation X sind und bleiben mit knapp zwei Drittel Anteil die Top-Adressaten der deutschen  Spitzenjuweliere.

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