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Individualität ist Trumpf: Ladenbauer Heikaus rät dazu, möglichst individuell umzubauen, so wie beispielsweise aktuell Juwelier Müller in Kempten

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Wer hat das schönere Geschäft?

Heikaus

Viel Wandel im Handel. Derzeit bauen zahlreiche Top-Juweliere um, oft um den Ansprüchen der Uhrenmarken zu entsprechen. Über die aktuellen Marktentwicklungen sprachen wir mit Detlef Becker, Geschäftsführer von Heikaus Design Studio, der den derzeit laufenden Umbau von Juwelier Müller in Kempten verantwortlich geplant hat.

Setzen die Schweizer Uhrenmarken ihre Handelspartner zu sehr unter Druck?

Detlef Becker: Zunächst muss man sagen, dass es die Luxusuhrenindustrie in den vergangenen Jahrzehnten geschafft hat, einen Bedarf zu wecken. Ich ziehe den Hut vor dieser Leistung. Zum heutigen Lifestyle der gehobenen Schicht gehört eine gute Uhr dazu. Da ist etwas gewachsen, was es früher nicht gab. Das ist zunächst einmal eine sensationelle Entwicklung, von der der Handel im hohen Maße profitiert.

Wird als Gegenleistung vom Handelspartner erwartet, ein Luxusumfeld zu schaffen?

Wenn Lage und Lokal nicht mehr den Marken ebenbürtig sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Marke geht. Manchmal ist es nur der Standort, der nicht mehr passt.

Ist die Zeit vorbei, in der die Rolex-Konzession für den Juwelier eine Lebensversicherung war?

Ja, diese Zeit ist definitiv vorbei. Das sieht man derzeit in vielen Städten. Wobei Rolex nur die Spitze des Eisbergs ist. Die Kämpfe der Juweliere mit anderen Marken gehen da leicht unter.

„Dem Juwelier muss es gelingen, seinen Kunden eine Wohlfühl-atmosphäre zu bieten. Und die entsteht nur durch Individualität.“

Detlef Becker, Geschäftsführer
Detlef Becker

Entsteht nicht letzten Endes ein Gigantismus, wie wir ihn bei Juwelier Kutter 1825 in Stuttgart erleben, der für Patek Philippe und seine eigene Schmuckmarke Ameo eine 500-Quadratmeter-Boutique in Toplage realisiert – zusätzlich zum Hauptgeschäft?

In Ballungsgebieten wie München geht es einzig um die Frage: Wer hat das schönere Geschäft? Daher muss man als Juwelier jederzeit mit der Situation rechnen, dass Marken womöglich morgen nicht mehr da sind. Auch bei unserem aktuellen Umbau bei Juwelier Müller in Kempten haben wir uns mit der Frage beschäftigt, was passieren würde, wenn starke Marken in zwei Jahren nicht mehr da sind.

Sie planen bereits mit Exit-Strategie?

Selbstverständlich überlegen wir, wie die Fläche genutzt wird, wenn der Händler diese Marken verlieren sollte.

Wie lange darf man sich sicher fühlen nach einem Umbau? Zwei Jahre, eher fünf?

Ich habe gestaunt, als mir ein Händler gesagt hatte, dass er ­seine großen Marken innerhalb eines halben Jahres verlieren könnte.

Was würden Sie sagen, mit welcher Einstellung sollte man an das Thema Umbau rangehen?

Dem Juwelier muss es gelingen, seinen Kunden eine Wohlfühlatmosphäre zu bieten. Und die entsteht nur durch Individualität. Erst wenn wir den Betreiber dieses Geschäftes verstanden ha­ben, seine Visionen und sein Gedankengut kennen, dann können wir ihm passend dazu eine Bühne bauen, auf der er authentisch wirken und arbeiten kann. Dies ist unsere Aufgabe. Wenn aber der Lieferant dem Händler eine Konzeption aufoktroyiert, dann ist das zum Scheitern verurteilt. Wenn zwei Drittel der Uhrenfläche einer Marke gehören und auf den verbleibenden Quadratmetern die anderen gequetscht sind, ob­wohl sie eigentlich ebenso hochwertig sind, dann stimmt das Signal an den Kunden nicht. Jeder Kunde, der dann nicht diese eine Marke kauft, wird abgestuft.

Wie bleiben bei aller Individualität die Wünsche der Marken realisierbar?

Es muss ein Kompromiss sein. Unsere Rolle ist oftmals die des Mittlers oder Vermittlers. Wie es im Extremfall aussieht, haben wir vor fünf, sechs Jahren miterlebt, als Juweliere teilweise zehn Shop-in-Shop-Flächen realisiert hatten, um es scheinbar allen Lieferanten recht zu machen.

Wie geht es anders?

Mit Rückgrat. Bei Juwelier Müller war das sehr klar: Er sagt, er ist die Marke, er will nicht austauschbar sein, keine Abfolge von Shop-in-Shop-Flächen, sondern authentisch. Dazu arbeitet er im Uhrenbereich mit seiner stärksten Marke zusammen, alle anderen erhalten keine eigenen Möbel. Das war eine mutige Entscheidung. Der Druck ist enorm. Aber es hat alles geklappt.

Interview: Ulrich Voß

www.heikaus.com/retail/schmuckwelten

Umbau bei Juwelier Müller - Die Serie

Juwelier Müller in Kempten steckt mitten im Umbau. Der erste Bauabschnitt ist mittlerweile abgeschlossen.

• Teil 1 Warum Juwelier Müller umbaut, GZ-Ausgabe 03/25

• Teil 2 Deswegen zwei Bauabschnitte, GZ-Ausgabe 04/25

• Teil 3 Interview mit Architekt Detlef Becker

• Teil 4 Zweiter Bauabschnitt, Uhrenbereich

• Teil 5 Gemeinsames Fazit von Juwelier und Ladenbauer

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