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Seiler-Gruppe übernimmt Lücker in Aachen

Obwohl der Ausverkauf schon abgeschlossen ist, gibt es eine Zukunft für den ehemaligen Platzhirsch Juwelier Lücker in Aachen: Wie genau sie aussieht, verrät Lucas Akbaba, Geschäftsführer der Seiler-Gruppe, im Exklusivinterview mit der Goldschmiede Zeitung.

Herr Akbaba, wie ist es letztlich zur Übernahme von Juwelier Lücker gekommen?

Lucas Akbaba: Als ich von der Sache gehört hatte, habe ich mir die Stadt angesehen, das Ladengeschäft, den Mitbewerb, habe mich über die Stärken des Unternehmens, das Umland und die Kaufkraft informiert, mit meiner Familie gesprochen und dann zum Telefonhörer gegriffen. Wir wurden uns schnell einig und haben Ende Dezember Nägel mit Köpfen gemacht.

Was ist Lücker ohne Rolex wert? Sie werden diese Konzession vermutlich nicht so schnell zurückbekommen.

Davon gehe ich auch aus. Da wir stark im CPO-Bereich sind, werden wir unseren Kunden trotzdem Rolex-Uhren anbieten. Aber Lücker steht mit seinem Geschäft und all seiner mehr als 120-jährigen Tradition hervorragend da. Vor allem im Schmuckbereich sehe ich das größte Potenzial. Selbstverständlich treten wir mit allen wichtigen Uhrenmarken in Kontakt. Erste Gespräche wurden schon geführt, mit viel positivem Feedback. Es freuen sich alle, dass Lücker bestehen bleibt.

Werden Sie umbauen?

Ja. Inhaber der Immobilie ist die örtliche Sparkasse, die demnächst beginnen wird, die komplette Fassade zu sanieren. In diesem Zuge sanieren wir ebenfalls. Anfang nächsten Jahres werden wir eröffnen. So lange Zeit wird es benötigen. Die Verkaufsfläche hat rund 150 Quadratmeter.

Wie stemmen Sie die Finanzierung?

Das läuft wie immer bei uns ganz klassisch über unsere Hausbank. Und über die Familie.

Bleibt es beim Namen Juwelier Lücker?

Ja. Wir haben uns die Namensrechte gesichert – und auch die Kundendatei.

Lücker ist Ihr elfter Standort. Bei aller Expansion, was ist aktuell die größte Herausforderung: gute Mitarbeiter, die Finanzierung oder die Lieferanten?

Es kommt ganz darauf an, was man vorfindet. Im Oktober habe ich die Montblanc-Boutique in Graz übernommen. Das war für mich eine relativ gute und angenehme Übernahme. Es gab keinen Räumungsverkauf, die Mitarbeiter sind geblieben, und auch wir haben die Marke schon durch Juwelier Scheurenbrand gekannt. Alle Parteien waren sich schnell einig. In Aachen wird es schwieriger, weil der Ausverkauf abgeschlossen ist und wir quasi nochmals von Neuem anfangen müssen. Aber wir stehen mit Marken und ehemaligen Mitarbeitern im Gespräch und haben auch schon sehr schöne Zusagen bekommen.

Der größte Juwelier in Aachen wird weiter bestehen. Die Seiler-Gruppe hat übernommen und zählt mittlerweile elf Juweliergeschäfte.

Ist Ihr Expansionshunger gestillt?

Nein. Und ich glaube auch nicht, dass es das letzte Geschäft sein wird, das ich in den nächsten Jahren übernehmen werde. Ich bin ja auch Realist. Wenn Rolex bei Lücker geblieben wäre, hätte Lücker nicht geschlossen und ich hätte diese Möglichkeit nicht bekommen.

Was raten Sie den Juwelieren, die planen aufzuhören?

Möglichst frühzeitig alle Optionen durchzugehen. Wenn der Räumungsverkauf angelaufen ist, ist einiges nicht mehr möglich. Aber wenn solche Gespräche im Vorfeld geführt werden, macht es einiges einfacher und bringt auch dem Juwelier Vorteile. In solch einem Schritt stecken immer sehr viele Emotionen, für den Juwelier selbst, aber auch für seine Mitarbeiter. Für viele ist es eine große Bereicherung, wenn das Geschäft weiterlaufen kann, wenn auch unter neuer Führung. Am Ende des Tages steht der Juwelier in Verpflichtungen zu seinen Mitarbeitern, zu seinen Lieferanten, zu all den anderen Menschen, die da noch hintendran stehen – und irgendwie auch gegenüber seinen Kunden. Man kann sich nicht vorstellen, was für einen Riesenzuspruch es auslöst, wenn man an die Fensterscheiben klebt: „Es geht weiter!“ Das war in Kaiserslautern bei Seiler so und auch in Bad Homburg bei Scheurenbrand.

Deswegen wäre es für viele Parteien sehr hilfreich, sich frühzeitig und diskret zusammenzusetzen. Man kann immer noch zweigleisig fahren. Wir haben eigens für den Erstkontakt eine diskrete Mailadresse (office@seiler-gruppe.de), eben weil wir wissen, wie emotional dieses Thema für die betroffenen Entscheider ist. Übrigens hat bei Juwelier Lücker Herr Lücker jun. selbst angeboten, uns in der ersten Zeit zu unterstützen, mit den Marken zu sprechen, bei der Eröffnung und ein bisschen darüber hinaus dabei zu sein, den einen oder anderen Termin repräsentativ zu begleiten und auch mit seinem Namen dabei zu sein.

Man kann bei der Lektüre der Tageszeitung leicht den Eindruck bekommen, als ob derzeit der gesamte Innenstadt-Einzelhandel stirbt oder von Konzernstrukturen übernommen wird. Sie expandieren. Mit welcher Vision sehen Sie in die Zukunft?

Bad Homburg ist ein ganz gutes Beispiel. Der Standort liegt 15 bis 20 Kilometer von der Frankfurter Innenstadt entfernt – und wir haben superviele Stammkunden, die nicht nach Frankfurt fahren wollen. Sie suchen das Persönliche, sie suchen das familiäre Flair, sie suchen die persönliche Bindung. Damit können wir trumpfen. Wenn man die Dinge richtig angeht, also eine gute Organisationsstruktur hat, viel Persönlichkeit einbringt und einen guten Service bietet, dann stehen wir den großen Juwelieren in nichts nach. Die vergangenen zwei Jahre waren für uns so intensiv wie noch nie, was an unserer Expansion lag, aber auch an den Rahmenbedingungen. Aber wir haben unfassbar viel Zuspruch bekommen. Das ermutigt uns, weitere Wege, neue Wege zu gehen.

www.scheurenbrand-seiler.de

Lucas Akbaba

Lucas Akbaba (34), gelernter Versicherungskaufmann, hat sich im Alter von 21 Jahren mit einem ersten Goldankaufgeschäft selbstständig gemacht.

Es folgten die Übernahmen von:
• Juwelier Safak in Worms (2016)
• Nibelungen Juwelier in Worms
• Juwelier Seiler in Kaiserslautern (2019)
• Juwelier Dagenbach in Weinheim
• Juwelier Räth in Ludwigshafen
• Juwelier Scheurenbrand in Bad Homburg (2022)
• Montblanc-Boutique in Graz (2024)
• Juwelier Scholz in Frankenthal (2024)
• Headquarter inkl. Showroom in Rüdesheim am Rhein (2024)
• Juwelier Lücker in Aachen, der nach einem umfangreichen Umbau im Frühjahr 2026 wiedereröffnen wird

Künftig wird das Unternehmen unter dem Namen „Seiler-Gruppe“ firmieren.

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