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Russische Diamanten: Sanktionen drohen zu verpuffen

Seit heute ist die Einfuhr russischer Diamanten aus Drittländern in die G7-Staaten verboten – wie der Herkunftsnachweis erbracht werden kann, ist aber viel lascher geregelt als zuvor angekündigt: Es sind sogar „Eigen-Zertifikate“ der Lieferanten zulässig.

Heute beginnt die Phase 2 der Sanktionen der G7 gegen russische Diamanten: Ab sofort ist auch die Einfuhr bearbeiteter russischer Diamanten aus Drittstaaten untersagt, sofern sie schwerer als 1 Karat sind. Welche Nachweise erbracht werden soll, hat die EU erst im Laufe des Tages spezifiziert.

Demnach sollten Diamant-Importeure folgende Informationen nachweisen können:
• Herkunftsland (Förderland)
• Name von Käufer und Verkäufer
• KN-Codes (kombinierte Nomenklatur der EU) und Beschreibung
• Zahl der Pakete einer Sendung
• Gewicht der Diamanten, falls 1 Diamant mehr als 1 Karat wiegt
• Wert der Diamanten
• Ort der Einfuhr, der Ausfuhr und des Transportweges vor der Einfuhr in die EU

Als Herkunftsnachweise werden folgende Dokumente akzeptiert:
• Für Rohdiamanten: Kimberley-Zertifikat, wenn es eine eindeutige Herkunftsangabe enthält
• Für geschliffene Diamanten: Eine unterschriebene Erklärung des Lieferanten, dass keiner der Diamanten über 1 Karat in Russland gefördert wurde.
Diese Eigenbescheinigung muss belegt werden durch Zollanmeldungsformulare, Rechnungen, Packlisten, Frachtbriefe, Laborberichte oder Nachweise aus Rückverfolgungssystemen.

Diese Regelung gilt in der Zeit ab 1. März bis 30. August 2024, von der EU als „sunrise period“ bezeichnet. Denn zum 1. September soll das angekündigte Blockchain-basierte Verzeichnis aller Diamanten diese Nachweise ersetzen bzw. sollen sie in dieser Blockchain verzeichnet sein. Alle Marktteilnehmer sollen diese dann benutzen. Die Testphase für dieses System sollte ebenfalls heute beginnen, Informationen zu Anforderungen, Umsetzung und Preisen für die Nutzung gibt es aber weiterhin nicht.

Ob es überhaupt so kommen wird, scheint fraglich, wenn man sich die Regelung der USA anschaut. Die US-Zollbehörde hat gestern eine Executive Order erlassen, nach der eine unterschriebene Versicherung des Lieferanten, dass die Diamanten nicht aus Russland stammen, zur Einfuhr in die USA ausreicht. Von einem Blockchain-Verzeichnis ist dort nicht die Rede.

Auch Großbritannien hat inzwischen Leitlinien für den Diamant-Import ab 1. März veröffentlicht. Demnach sollen Händler die Herkunft und Lieferkette anhand von Dokumenten belegen. Als mögliche Belege angeführt werden das Original des Kimberley-Prozess-Zertifikats, eine Rechnung, ein von einer Handelskammer ausgestelltes Ursprungszeugnis, ein Frachtbrief, ein Bericht über den Ursprung der Diamanten oder ein anderes Dokument, das sich auf den Diamanten bezieht. Auch hier findet sich kein Verweis auf das maßgeblich von Belgien und der EU vorangetriebene „G7 Zertifizierungsschema“.

Amerikanische Lobbyisten hatten sich schon seit vergangenem Jahr für eine „pragmatische Regelung“ stark gemacht, weil sie bei einer Umsetzung der EU-Pläne einen hohen bürokratischen Aufwand, hohe Kosten und einen gestörten Warenfluss befürchteten. Mit den unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Staaten wird das Verfahren nun aber noch unübersichtlicher für Importeure wie Exporteure. Vergangenes Jahr hieß es noch, dass die Sanktionen nur sinnvoll seien, wenn sie von einem möglichst breiten Staatenbund getragen würden.

Wie indische Quellen berichten, hatten afrikanische Staaten, wo ein Großteil der Diamanten gefördert wird, und Indien, wo 90% der Diamanten geschliffen werden, massiv gegen die geplante strenge EU-Regelung opponiert. Da in den USA mehr als 50% der geschliffenen Diamanten weltweit verkauft werden, dürfte das Gewicht der Europäer in den Verhandlungen nun stark gesunken sein, sie stehen nur für rund 15% der Verkäufe.



Wie es nun weitergeht, erscheint offener denn je. Mit gegenseitigen Versicherungen, nicht mit russischen Diamanten zu handeln, blieben die seit Frühjahr 2022 gültigen US-Sanktionen gegen russische Diamanten jedenfalls wirkungslos. Vorgestern erst stellte der russische Diamantkonzern Alrosa seine Finanzkennzahlen für 2023 vor. (Hier auf GZ-Online lesen). Den US-Sanktionen zum Trotz stiegen seine Umsätze (in Landeswährung Rubel) um 9%. Die naheliegendste Erklärung hierfür: Die russischen Diamanten strömten über Indien und Dubai weiter in den Markt und waren nach Bearbeitung nicht mehr als russische Ware zu identifizieren. Genau dieses Schlupfloch wollten die G7 eigentlich schließen. Mit der Erlaubnis zur „Selbstzertifizierung“ ist das nun vorerst gescheitert. Die Gefahr ist groß, dass die Sanktionen damit nicht mehr als Symbolpolitik bleiben.

Wie indische Quellen berichten, hatten afrikanische Staaten, wo ein Großteil der Diamanten gefördert wird, und Indien, wo 90% der Diamanten geschliffen werden, massiv gegen die geplante strenge EU-Regelung opponiert. Da in den USA mehr als 50% der geschliffenen Diamanten weltweit verkauft werden, dürfte das Gewicht der Europäer in den Verhandlungen nun stark gesunken sein, sie stehen nur für rund 15% der Verkäufe.

Der amerikanische Zoll hält behält laut der Executive Order aber vor, „zusätzliche Anmeldepflichten“ einzuführen. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass das digitale Tracing-System, das ab 1. März in seine Pilotphase starten sollte, noch nicht ganz vom Tisch ist, aber eben noch nicht zu Ende entwickelt.

Dazu passt, dass der Diamantkonzern de Beers gestern ebenfalls eine Pressemitteilung herausgab, in der er versicherte, dass man bereit sei, die ab 1. März gültigen Import-Anforderungen der G7 vollumfänglich zu erfüllen. Gleichzeitig gab das Unternehmen bekannt, dass Sarine Technologies, der führende Anbieter von Diamant-Scan-Technologie, und Tracr, das Blockchain-basierte Tracingsystem der de Beers-Gruppe ihre bereits im letzten Oktober vereinbarte Zusammenarbeit vertiefen werden. Man wolle sich dabei auf die „technologisch gesicherte Rückverfolgbarkeit von Rohdiamanten bis hin zu geschliffenen Diamanten konzentrieren.“ Die Technologie stünde Anwendern in der gesamten Branche offen und werde auch Vertretern der G7-Staaten einen digitalen Zugang zu Informationen über die Diamanten zur Verfügung stellen.

Hinweis: Der Artikel wurde gegenüber einer früheren Fassung aktualisiert, nachdem die EU und Großbritannien ihre Regelungen veröffentlicht haben.

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