Was wird Trend? Auf der Vicenzaoro (5. bis 9. September) stellt Paola De Luca, Kreativdirektorin von Trendvision Jewellery + Forecasting, ihr neues „Trendbook 2027+“ vor.
Vielen gilt es als „Bibel“ der Schmuckbranche. Im Interview mit der Goldschmiede Zeitung verrät sie, was künftig wichtig wird.
Welche allgemeinen Trends zeichnen sich für 2026 ab?
Paola De Luca: Für 2026 prognostizieren wir eine Welt voller Kontraste, aber auch eine Welt voller Chaos aufgrund geopolitischer Spannungen und Unsicherheiten. Im Detail haben wir fünf Makrotrends identifiziert, die auch die Schmuckbranche beeinflussen:
• Schlichte Eleganz:
Minimalismus wird hyperraffiniert. Schlanke Silhouetten, klare Linien und spannendes Understatement prägen das Design – sowohl im Schmuck als auch in der Mode. Verbraucher suchen emotionale Verbundenheit durch besondere Schlichtheit und bevorzugen Stücke, die zeitlose Schönheit verkörpern.
• Opulente Extravaganz:
Als Reaktion auf unsichere Zeiten gibt es eine parallele Bewegung hin zum Maximalismus. Barocke Einflüsse, kräftige Farbpaletten, starke Farbkontraste und üppige, fast theatralische Designs zelebrieren Opulenz und Fantasie als Formen des Eskapismus.
• Street Coolness:
Jugendkultur und Street-Ästhetik dringen weiterhin in den Luxus ein. Modularer Schmuck, verspielte Proportionen und die Verbindung von Sportbekleidung mit edlen Materialien stehen im Vordergrund. Der Geist ist mutig, individualistisch und demokratisch.
• Digital Nouveau:
Technologie prägt die Ästhetik nachhaltig. KI-gesteuerte Kreativität, Augmented-Reality-Erlebnisse und Metaverse-Inspirationen beeinflussen die Designsprache – Schmuckstücke werden sowohl für die physische als auch für die digitale Welt konzipiert.
• Wunderland:
Ein traumhafter, fantasievoller Geist durchdringt die Kreativität. Mythologie, Natur, Surrealismus und magischer Realismus inspirieren das Geschichtenerzählen von Schmuck und bieten emotionale Flucht sowie eine Wiederverbindung mit der Fantasie.
Welche Trends speziell im Schmucksegment erwarten uns?
Schmuck wird 2026 erlebnisorientiert und emotional sein. Auch hier erwarten wir wieder unterschiedliche Strömungen:
• Wandelbarer und modularer Schmuck: Schmuckstücke, die sich mit einer einfachen Bewegung verwandeln.
• Personalisierter Luxus: Maßanfertigungen und individuelle Anpassungen werden die Wünsche der Verbraucher dominieren.
• Organische Formen: Die Unvollkommenheit als Form, wie wir sie aus der Natur kennen, wird als Authentizität akzeptiert.
• Technisch integrierte Designs: Hier geht es um intelligente Materialien und um Schmuck, der für Augmented-Reality- beziehungsweise VirtualReality-Darstellungen entwickelt wurde.
• Symbolische Motive: Schmuck soll als Talisman dienen – mit einer tief im Design verankerten Bedeutung.
Neuheit oder Bestseller: Was wird 2026 wichtiger sein?
Beides wird nebeneinander existieren, aber Neuheiten werden zunehmend die emotionale Bindung bestimmen. Besonders Generation Z und Generation Alpha suchen nach Einzigartigkeit und emotionaler Relevanz. Bestseller mit zeitlosem Charakter bleiben jedoch unverzichtbar – besonders im Luxusbereich.
Wird die individuelle Freiheit der Schmuckträgerin weiterhin groß bleiben, beispielsweise der „Mix & Match“-Gedanke und damit die Idee von leicht kombinierbarem Schmuck?
Absolut. „Super Styling“ ist der neue Luxus. „Mix & Match“ wird nicht nur bleiben, sondern noch raffinierter und individueller. Menschen wünschen sich Schmuck, der sich ihrer Stimmung, ihrem Lebensstil und wechselnden Identitäten anpasst und so zu endlosen, ganz persönliche Geschichten anregt.
Haben Trends heute andere Dimensionen?
Trends sind heute nichtlinear und mehrdimensional. Statt starrer Zyklen überschneiden sich Produkttrends, fragmentieren sich und entwickeln sich schneller, beeinflusst vom soziopolitischen Klima oder von technologischen oder kulturellen Veränderungen. Schmuck und Mode sind zu Vehikeln gesellschaftlicher Kommentare geworden, es geht nicht nur um Ästhetik, sondern auch um Identität, Inklusivität, Nachhaltigkeit und Aktivismus.
Sind Schmucktrends langlebiger als Modetrends?
Ja, Schmuck hat von Natur aus einen längeren Lebenszyklus. Verbraucher betrachten edlen Schmuck als Erbstück, als Investition und nicht nur als eine Form emotionalen Erbes – zumal bei einem Goldpreis von 3500 US-Dollar pro Unze.
Information
Paola De Luca ist Kreativdirektorin von Trendvision Jewellery + Forecasting, der Beobachtungsstelle für Luxustrends der Messegesellschaft Italian Exhibition Group, die auch die Vicenzaoro ausrichtet. Deswegen finden die jeweiligen Weltpremieren der Trendbücher anlässlich der Vicenzaoro statt. Das „Trendbook“ gilt als die weltweit umfassendste Schmuckprognose – und die Vicenzaoro als der ideale Ort, diese Publikation vorzustellen. Zudem gibt es eine Trendvision-Roadshow, die in den wichtigsten Schmuckmetropolen der Welt haltmacht und Veranstaltungen anbietet, die aufschlussreiche Diskussionen über die Luxustrends der Zukunft ermöglichen: Die aktuelle Roadshow machte Stationen in Vicenza, Dubai, Paris, Hongkong, es folgen Las Vegas und Singapur. Im September startet die nächste Roadshow – diesmal mit dem „Trendbook 2027+“.
Mehr dazu auf: https://extras.trendvisionforecasting.com
Fakten zur Vicenzaoro
Wo: Vicenza, Messegelände, Via dell’Oreficeria 16
Wann: Freitag, 5. bis Dienstag, 9. September 2025
Öffnungszeiten:
Freitag bis Montag: 10 – 18.30 Uhr, Dienstag: 10 – 17 Uhr
Zugänge: West 1, West 3, Ost, Nord (neu)
Web: www.vicenzaoro.com
