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Nach dem ersten US-Zinsschritt des Jahres zeigt sich der Edelmetallmarkt nervös. Gold und Silber konsolidieren, während strukturelle Unsicherheiten den Platin- und Palladiumsektor beeinflussen, schreibt Heraeus.
Die US-Notenbank hat vergangene Woche erstmals in diesem Jahr die Leitzinsen gesenkt: um 25 Basispunkte. Der Schritt kam nicht überraschend, wohl aber die unmittelbare Reaktion der Edelmetallmärkte: Gold und Silber gaben nach, obwohl sinkende Zinsen in der Regel als stützend gelten. Ein klassischer Fall von „Buy the rumour, sell the fact“?
Gold: Konsolidierung nach Rally
Der Goldpreis war in den vergangenen fünf Wochen um über zehn Prozent gestiegen. Eine überkaufte Marktsituation, die nun eine Konsolidierungsphase nach sich ziehe, urteilen die Analysten von Heraeus. Obwohl der jüngste Zinsschritt der Fed auf eine schwächelnde US-Konjunktur hinweist, bleibt die Inflation mit 3,1 Prozent (Juli, Vorjahresmonatsvergleich) deutlich über dem Ziel von 2 Prozent. Die US-Arbeitsmarktdaten wurden zudem rückwirkend stark nach unten korrigiert: rund 991.000 weniger Beschäftigte als ursprünglich gemeldet belasten die wirtschaftliche Perspektive.
Trotz dieser Ausgangslage stagnieren die Goldkäufe der Zentralbanken: Im Juli ergab sich per saldo keine Veränderung der weltweiten Goldreserven. Zwar kauften unter anderem China, Kasachstan und die Türkei weiter zu, doch ein Verkauf von 11 Tonnen durch Indonesien neutralisierte diese Käufe. Insgesamt beläuft sich der Zentralbank-Zukauf im ersten Halbjahr 2025 auf 415 Tonnen: ein solides Niveau, aber unter dem Rekordwert der Vorjahre.
Silber: Hoffnungen auf Solar, Sorgen um Subventionen
Silber könnte mittel- bis langfristig von geldpolitischer Lockerung profitieren, vorausgesetzt, die Realzinsen bleiben negativ. Kurzfristig jedoch belasten ebenfalls überkaufte Marktbedingungen den Preis. Hinzu kommen Unsicherheiten im Photovoltaik-Sektor, einem wichtigen Treiber für industrielle Silbernachfrage.
Zwar erwartet die US-Energiebehörde EIA für 2025 einen Rekord bei Solaranlagen im Versorgungsmaßstab, doch regulatorische Änderungen in China könnten das globale Wachstum dämpfen. Besonders besorgniserregend ist eine Prognose des US-Solarverbands: Sollte das „One Big Beautiful Bill“-Gesetz Subventionen kürzen, droht der US-Markt zwischen 2026 und 2030 bis zu 44 GW an geplanter Solarkapazität zu verlieren, ein Minus von 18 Prozent. Für Silber eine klare Belastung.
Platin: Verzögerungen in Südafrika
Bei Platin zeigt sich das Spannungsfeld zwischen schwachen Preisen und Produktionsentscheidungen: African Rainbow Minerals hat die Wiederaufnahme der Produktion in der Bokoni-Mine gestoppt. Statt der geplanten Skalierung konzentriert man sich nun auf die Erschließung und ein überarbeitetes Förderkonzept. Der Verlust von rund 25.000 Unzen Platin entspricht nur einem kleinen Teil der südafrikanischen Jahresproduktion, zeigt aber den anhaltenden Druck auf die Branche.
Trotz saisonaler Schwankungen konnte sich die südafrikanische Förderung im Juli leicht erholen, bleibt im Jahresvergleich aber rückläufig, schreibt Heraeus unter Berufung auf den nationalen Statistikdienst Südafrikas (Stats SA). Prognosen gehen für 2025 von einer Gesamtförderung von rund 3,6 Millionen Unzen aus – deutlich weniger als die 4 Millionen im Vorjahr.
Palladium: Politische Risiken überschatten die Nachfrage
Für Palladium bleibt die EU-Strategie zur CO₂-Reduktion ein zentrales Thema. Das geplante Verbot von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab 2035 stellt die Verwendung palladiumhaltiger Autokatalysatoren langfristig infrage. Zwar fand am 12. September ein Spitzengespräch zwischen der Automobilindustrie und der EU-Kommission statt, doch konkrete Änderungen stehen noch aus.
Der Anteil elektrischer Vans liegt derzeit bei nur 50 Prozenz im Vergleich zu Pkw – ein mögliches Schlupfloch für PGM-Anwendungen. Zudem gewinnen technologieoffene Ansätze, etwa Biofuels oder PHEVs, an Bedeutung. Dennoch bleibt der Ausblick für Palladium getrübt: Der Preis rutschte vergangene Woche unter die Marke von 1.200 US-Dollar pro Unze.