| Uhren
Was man mit Chronographen alles machen kann? Zum Beispiel die Zeit stoppen, die ein Mitarbeiter auf der Toilette verweilt, um ihn dafür nicht zu bezahlen. Die Schweiz hat ein WC-Gate.
Große Aufregung in der Schweiz, großer Ungläubigkeit in Deutschland: Mehrere Schweizer Uhrenhersteller und Lieferanten lassen ihre Mitarbeiter ausstempeln, wenn sie auf die Toilette gehen, und bezahlen sie in dieser Zeit nicht. Das aus deutscher Sicht fragwürdige Vorgehen landete nun vor einem Kantonsgericht. Ergebnis: Das Vorgehen ist rechtens.
Wie definiert sich Pause?
In dem konkreten Fall, der im Zuge von Arbeitsplatzuntersuchungen wahrend der Covid-19-Lockdowns zufällig entdeckt wurde, hatte der Schweizer Zifferblatthersteller Jean Singer & Cie von seinen Mitarbeitenden verlangt, sich vor jeder Toilettenpause auszustempeln. Der Fall landete vor Gericht. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen SRF zitiert aus dem Urteil des Kantongerichts Neuenburg, dass das Schweizer Arbeitsgesetz den Begriff der Pause nicht eindeutig definiert. Daher könnten Toilettenpausen tatsächlich als Arbeitszeitunterbrechungen betrachtet werden. Die Zeit für Toilettengänge darf Angestellten von der Arbeitszeit abgezogen werden.
Frauen besonders diskriminiert?
Dies empört die Schweizer Öffentlichkeit. Eine hitzige Debatte ist entbrannt. Zudem taucht eine weitere Dimension des Falls auf. Die Stempelpflicht sei für Frauen diskriminierend, denn ihnen bleibe während ihrer Menstruation wenig übrig, als regelmäßig zur Toilette zu gehen.
Auch Swatch Group im Visier
Die Praxis des Ausstempelns scheint kein Einzelfall zu sein. Das Schweizer Radio RTS will noch drei weitere Uhrenhersteller ausfindig gemacht haben, die ihre Angestellten bei den WC-Pausen ausstempeln lassen. Die Firmen hätten dazu nicht Stellung nehmen wollen. Zwei Firmen gehören zur Swatch Group. Diese beteuerte gegenüber RTS, von der Praxis nichts gewusst zu haben und diese sofort zu beenden. Der Konzern verlange keineswegs, dass man sich beim Gang zur Toilette ausstemple. In Deutschland ist die Rechtslage eindeutig: Arbeitnehmer dürfen nicht dazu gezwungen werden, sich für jeden Toilettengang auszustempeln.